Beschlusslage



Schweinfurt, 8. Oktober 2011

Energiekonzept für Unterfranken – damit der Strom auch weiterhin aus der Steckdose kommt

Gültigkeit: 10 Jahre (verlängert am 09.07.2022)

Deutschland befindet sich, nicht erst durch den Beschluss des Bundestages zum kompletten Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022 im Juni 2011, mitten in der Energiewende. Das Zeitalter der regenerativen Energien ist mittlerweile beschlossene Sache, die Umsetzung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Herausforderung.

Präambel

Deutschland befindet sich, nicht erst durch den Beschluss des Bundestages zum kompletten Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022 im Juni 2011, mitten in der Energiewende. Das Zeitalter der regenerativen Energien ist mittlerweile beschlossene Sache, die Umsetzung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Herausforderung.

Denn bis heute ist unklar, WIE diese Umsetzung konkret und vor Ort erfolgen soll. Die Vorgaben der Bundesebene legen lediglich die groben Endziele fest und verweisen auf die Landesebene. Das von der Bayerischen Landesregierung im Mai 2011 beschlossene Energiekonzept "Energie innovativ" bleibt ebenfalls schwammig und überlässt es den nachgeordneten Verwaltungsbehörden, also Regierungen und Kommunen, das Projekt Energiewende mit Leben zu füllen.

Allerdings fehlt bei vielen Bürgern und politischen Entscheidungsträgern vor Ort nach wie vor das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Ausgestaltung der Energiewende.

Wir Jungen Liberalen Unterfranken wollen im Folgenden eine Antwort für unsere Region, Unterfranken geben. Nur  wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, kann es gelingen eine zukunftsfähige Energieversorgung vor Ort sicherzustellen. Wir setzen dabei nicht auf eine einseitige, ideologiegeleitete Energiepolitik, sondern auf einen sinnvollen Mix der verschiedenen Arten der regenerativen Energien, welcher die regionalen Besonderheiten berücksichtigt.

 
Verbraucher

Für den privaten Verbraucher sind im Zusammenhang mit der Energiewende vor allem die Aspekte der Versorgungssicherheit und der Preisstabilität von großer Bedeutung.

Die Zustimmung der Bevölkerung, gerade zum Ausstieg aus der Atomkraft und zur Förderung der regenerativen Energien, ist groß. Die Zahl derer, die sich aktiv mit dem Energieverbrauch und insbesondere Energiesparmöglichkeiten in ihrem Haushalt auseinandersetzen, nimmt stetig zu. Allerdings führen Strompreissteigerungen, die auch zukünftig nicht zu verhindern sind, immer wieder zu Unmut bei den privaten Verbrauchern.

Dieser Akzeptanzproblematik kann nach Ansicht der Jungen Liberalen Unterfranken nur durch Aufklärung und Sensibilisierung der Bevölkerung gegengewirkt werden.

Die Strompreiszusammensetzung muss für den Verbraucher, z. B. durch eine Aufschlüsselung auf der Rechnung, transparenter gestaltet werden. Bei der Möglichkeit für Rückfragen sind die Energieerzeuger und –Versorger gefragt.

 
Energieversorger und -erzeuger

Viele lokale Energieversorger, wie z.B. die Stadtwerke Aschaffenburg, die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs GmbH, oder auch die Stadtwerke Schweinfurt GmbH, befinden sich in kommunalen Besitz, „gehören“ damit dem Bürger. Sie haben per se keine Gewinnabsicht, etwaige Gewinne kommen den Bürgern zu Gute. Dies ist ein Grund, warum diese Besitzverhältnisse durchaus ihre Daseinsberechtigung haben.

Durch die Pflicht Kunden, die ihren bisherigen privaten Stromanbieter, z. B. durch dessen Insolvenz, verloren haben, umgehend wieder an das Netz anzuschließen, leisten die Anbieter in kommunalem Besitz einen wertvollen Beitrag zur Versorgungsicherheit.

Nichtsdestotrotz muss privaten Energieversorgern ein fairer Zugang zum Markt gewährleistet werden. Nur durch ausreichend Wettbewerb können die Verbraucher aus vielen Anbietern einen für sie passenden auswählen.

Für Energieerzeuger spielt die Planungssicherheit eine entscheidende Rolle. Daher fordern die Jungen Liberalen Unterfranken von der Politik langfristige Zielvorgaben, welche auch eingehalten werden. Nur dann werden die Energieversorger dringend notwendige Investitionen tätigen.

 
Leitungsnetze

Für eine zuverlässige und effiziente Energieversorgung ist ein funktionierendes Leitungsnetz eine Grundvoraussetzung. Die Energiewende stellt auch für die Netzbetreiber eine große Herausforderung dar. Dadurch, dass die dezentrale Energieerzeugung immer weiter zunimmt, sind die Leitungsnetze der Zukunft nach Meinung der Jungen Liberalen Unterfranken keine „Einbahnstraßen“ mehr. Wir fordern daher ein dezentral ausgelegtes Leitungsnetz.

Die zuständigen Stellen haben die vorhandenen Leitungssysteme im Hinblick auf die Energiewende zu evaluieren, und einen konkreten Entwicklungsplan zu erstellen um den dafür benötigten Investitionsbedarf festzustellen.

Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die regionale Einflussnahme bei der Aufstellung von Leitungsnetzen sehr beschränkt ist, da ein überregionales Regelungsbedürfnis besteht. Die Jungen Liberalen Unterfranken sehen es jedoch mit Skepsis, dass der Bundesgesetzgeber im Eckpunktepapier zum „Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG)“ eine Bundesfachplanungskompetenz für Leitungstrassen in Anspruch nimmt.

Zwar sind die Beschleunigung von Planungsverfahren und ein verbesserter Interessensausgleich für die Bürger sinnvolle Ziele, allerdings müssen die spezifischen Belange vor Ort, von denen die kommunalen Bürger und Entscheidungsträger umfangreichere Kenntnisse haben, ebenfalls berücksichtigt werden.

Regionale Raumplanung

Grundlage zur Ansiedlung neuer Anlagen zur Energieerzeugung ist das Planungsrecht, auf welches sich die Entscheidungsträger auf regionaler Ebene stützen.

Es gilt die bestehenden Planungsgrundlagen zu evaluieren und durch neue raumordnungspolitische Beschlüsse schnellstmöglich an die Wirklichkeit anzupassen, um den Ankündigungen zur Energiewende Taten folgen lassen zu können. Dazu gehört eine genaue Bestimmung von Vorranggebieten zum Ausbau regenerativer Anlagen. Die Jungen Liberalen Unterfranken erwarten von den Entscheidungsträgern eine Vereinbarkeitsanalyse von naturschutzrechtlichen und umweltverträglichen Faktoren mit der Ansiedlung von Anlagen zur regenerativen Energieerzeugung. Zudem sollen Möglichkeiten zum Interessensausgleich zwischen Bürgern und Energieerzeugern bedacht werden.

Um ein Höchstmaß an Effizienz bei Gebietsbestimmung zu erhalten, begrüßen die Jungen Liberalen Unterfranken eine informelle Zusammenarbeit überregionaler Planungsverbände. Das „Energie-Netzwerk enPlus eG“, ein Zusammenschluss verschiedener fränkischer kommunaler Energieversorgungsträger auf dem Gebiet des Stromeinkaufs, hat hier Vorbildfunktion.

 
Energieträger
Kernenergie

Mit dem AKW Grafenrheinfeld, welches 2015 vom Netz genommen werden soll, ist auch Unterfranken ganz konkret vom Ausstieg aus der Kernenergie betroffen. Mit einer installierten Nettoleistung von 1.275 MW leistet es aktuell noch einen großen Beitrag zur Energieversorgung im Regierungsbezirk. Vor der Notwendigkeit diese Leistung auf absehbare Zeit durch andere Wege der Energieerzeugung auszugleichen dürfen weder Politik noch Energieerzeuger die Augen verschließen.

Auch der am Anschluss an die Abschaltung anstehende Rückbau des Kernkraftwerkes stellt eine Herausforderung dar. Die E.ON Kernkraft GmbH als Betreiber hat an dieser Stelle schnellst möglichst einen konkreten Rückbauplan, in welchem auch die für die jeweiligen Beteiligten zu erwartenden Kosten aufgeführt sind, vorzulegen.

 
Fossile Energieträger

Neben dem AKW Grafenrheinfeld sind es vor allem Kohle und Gaskraftwerke die aktuell zur Energieversorgung in Unterfranken beitragen. Diese dürfen in der politischen Diskussion nicht grundsätzlich als „Dreckschleudern“ abgetan werden. Durch Modernisierungs- und Umrüstungsmaßnahmen, welche die Effizienz steigern und den CO2-Ausstoß verringern, wie sie z. B. die WVV am Heizkraftwerk Würzburg vorgenommen hat, können sie auch weiterhin einen wertvollen und grundlastfähigen Beitrag zum Energiemix leisten. Die Jungen Liberalen befürworten die Umrüstung von Kohlekraftwerken auf Gaskraftwerken.

 
Regenerative Energien

-       Wasserkraft

Die 174 in Unterfranken installierten Wasserkraftanlagen leisten seit langer Zeit einen zuverlässigen Beitrag zur Gewinnung von regenerativen Energien. Die Potenziale sind an dieser Stelle jedoch bereits weitgehend ausgereizt. Hier gilt es nach Ansicht der Jungen Liberalen Unterfranker die Effizient der bestehenden Kraftwerke durch Modernisierung und Aufrüstung zu erhöhen. Bei der Prüfung zur Errichtung weiterer Anlagen, gilt es den Aspekt der Durchlässigkeit von Flüssen, insbesondere des Mains, der auch als Wasserstraße eine enorme Bedeutung hat, zu beachten. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass Wasserkraftwerke immer auch eine Bedrohung für die Fischbestände darstellen.

 
 

-       Windenergie

Die Windenergiepotenziale in Unterfranken sind im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschland (z. B. den Küstenregionen) eher gering. Dennoch sehen die Jungen Liberalen Unterfranken durchaus noch Spielraum für weitere Projekte in Unterfranken.

 

Gerade der Bau von Windenergieanlagen stößt in der Bevölkerung häufig auf wenig Gegenliebe. Lautstärke und Schattenwurf werden häufig als störend empfunden, durch ihre Höhe stellen sie zudem in den Augen vieler eine optische Beeinträchtigung der Landschaft dar.

Eine höhere Akzeptanz für neue Projekte kann aus Sicht der JuLis erreicht werden, wenn Kommunen, und dadurch auch jeder Bürger, einen höheren finanziellen Nutzen durch Windkraftanlagen erhalten würden. Die Jungen Liberalen Unterfranken können sich daher vorstellen, dass die Gewerbesteuer künftig nicht am Firmensitz des Betreibers, sondern am Standort der Anlage erhoben wird und somit eine zusätzliche Einnahme für die Kommune darstellt. Bei der Errichtung neuer Windenergieanlagen gilt es für die Entscheidungsträger vor Ort die Bürger frühzeitig über die Planung aufzuklären und einzubinden und nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen.

 

-       Solarengerie

Energie aus Solaranlagen stellt aktuell noch den größten Anteil an den in Unterfranken produzierten regenerativen Energien. Den überwiegenden Anteil davon produzieren die über 24.000 Sonnenkollektoren auf Dächern von Privathaushalten. Allerdings muss auch bei der Solarenergie bedacht werden, dass die Potenziale in Unterfranken, durch die im Vergleich zu anderen Regionen, auch in Bayern, niedrige Sonnenscheindauer, eher gering sind.

 

-       Biogas

Nicht zuletzt durch die staatliche Förderung ist die Zahl der Biogasanlagen in den letzten Jahren stetig gewachsen. Gerade an Standorten, in deren Umkreis große Mengen an Biomasse verfügbar sind, leisten Biogasanlagen einen wertvollen Beitrag zur lokalen Energieversorgung. Ein positives Vorbild ist hier die Anlage in Aschaffenburg.

Trotz der großen Potenziale im Bereich der Biogasanalgen sehen die Jungen Liberalen Unterfranken den Konflikt zwischen der vermehrten Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen zur Lebensmittelproduktion und den Anbau von Maismonokulturen, um die Betreibung von Biogasanlagen zu gewährleisten. Hier gilt es bei der Suche nach neuen geeigneten Anlagenstandpunkten ein gesundes Gleichgewicht zu finden.

 

-        Weitere regenerative Energien

Neben den oben genannten Wegen zur Erzeugung regenerativer Energien, welche heute schon in einem größeren Umfang genutzt werden können, gibt es noch viele weitere potenzielle Energieträger, deren Nutzung durch weitere Forschung zukünftig möglich werden könnte. Dazu gehört insbesondere die Erdwärme, welche bei der langfristigen Planung der Energieversorgung nicht aus dem Auge gelassen werden dürfen.

 
Forschung und Innovation

Ein weiterer wichtiger Baustein für das Gelingen der Energiewende ist die Investition in Forschung. Gerade im Bereich der Energiespeicherung steckt diese noch immer in den Kinderschuhen. Hier gilt es auch die Forschungsstandorte in Unterfranken zu stärken.

Die Jungen Liberalen Unterfranken begrüßen aus diesem Grund den neu eingerichteten Bachelorstudiengang „Erneuerbare Energien und Energiemanagement“ an der Hochschule Aschaffenburg. Auch die an der Universität Würzburg angesiedelten Abteilung „Funktionsmaterialien der Energietechnik“ des bayerischen Zentrums für Angewandte Energieforschung e.V. (ZAE Bayern) leistet bereits einen wertvollen Beitrag zur Forschung. Um diese noch weiter zu stärken, befürworten die Jungen Liberalen Unterfranken den Anschluss des ZAE Bayern ein eine renommierte Forschungsgesellschaft, um so mehr finanziellen Spielraum zu erhalten.

Anstrengungen wie diese gilt es weiter auch finanziell zu fördern. Eine stärkere Zusammenarbeit von Universtäten mit der Wirtschaft kann die Forschung weiter vorantreiben.